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Sandra Hornung

Diagnose Brustkrebs. Ist das das Ende oder ein Neuanfang?

Mein Name ist Sandra. Ich bekam am 15. Juni 2015 im Alter von 38 Jahren die Diagnose Brustkrebs. Im April 2015 hatte ich einen Knoten in meiner linken Brust getastet und ging damit zum Arzt. Eine verkapselte Zyste. Im Mai 2015 stand ich wieder vor meinem Arzt, da der Knoten gewachsen war und ich es so nicht stehen lassen konnte. Die Augen meines Arztes sagten schon alles …. Mein Herz raste und die Angst wurde immer größer. Es ging alles sehr schnell - Termin zur Mammographie und Überweisung ins Brustzentrum. Meine private Situation hat das alles nicht leichter gemacht. Einen Partner an der Seite, der ein akutes Alkoholproblem hatte, und eine Tochter von 8 Jahren, die ihre Mutter brauchte. Mein Kartenhaus fiel in sich zusammen. Gedanken über Gedanken. Was ist wenn? Wie  geht es weiter? Warum ich???

Der Termin im Brustzentrum rückte näher. Immer wieder die Hoffnung, dass es vielleicht doch nicht bösartig war. Am 14. Juni 2015 (einen Tag vor dem Termin in der Klinik) kam die Nachricht, dass mein Neffe einen schweren Motorradunfall hatte und lebensbedrohlich verletzt ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Es zog mir den Boden unter den Füßen weg. Noch mehr Angst und Sorgen. Ich konnte meine Schwester nicht leiden sehen, es zerbrach mir das Herz. Am nächsten Tag hatte ich dann meinen Termin in der Klinik. Als die Ärztin sagte, sie wolle eine Stanzbiopsie entnehmen und es sähe leider nicht gut aus, brach in mir so was wie Panik aus. Ich wollte meinen Neffen noch mal sehen, der im Koma lag.

Die Diagnose Krebs hatte sich bestätigt. Zuhause einen Alkoholiker und meine kleine Tochter - Ängste über Ängste. Das Gefühlschaos in diesem Moment ist  unbeschreiblich!

Dann ging alles seinen Weg, ein Termin folgte dem nächsten. Ich war wie ferngesteuert und hatte Gott sei Dank immer meine Mutter zur Seite. Bei jedem Termin bekam ich den nächsten Schlag ins Gesicht. Zuerst lautete die Prognose, OP und Bestrahlung seien ausreichend. Doch beim MRT unter Kontrastmittel hatte man festgestellt, dass es zwei ca. 3 cm große Tumore und die Drüsengänge auch befallen waren. Fazit: Chemotherapie und Mastektomie.

Der Gedanke daran machte mich fertig. Man nimmt mir meine Weiblichkeit. Warum meinte es das Schicksal so schlecht mit mir???

Dann begann meine Therapie. Acht Chemos im Abstand von 14 Tagen. Durch die Chemotherapie war ich sehr müde und schlapp, manchmal war es mir übel und zum Schluss hatte ich Knochenschmerzen, die mir den Schlaf raubten. Meine Familie und auch meine Freunde standen mir in dieser Zeit sehr bei. An dieser Stelle möchte ich allen ein DICKES DANKE sagen. Die größte Freude war schließlich, als mein Neffe aus dem Koma erwachte. Er hat gekämpft und es geschafft, wieder gesund zu werden. Ich bin so stolz auf ihn und nahm ihn als mein großes Vorbild. Auch ich würde meinen Kampf gewinnen.

Im November 2015 kam für mich die große OP ... Brust ab. Da ich nicht bereit war, 'einseitig' durchs Leben zu gehen, traf ich nach Absprache mit meinem Arzt die Entscheidung, einen sofortigen Brustaufbau machen zu lassen. Dieser kleine Lichtblick wurde jedoch jäh zerstört. Es bildete sich eine Blutblase und darunter keine Haut. Also musste der Aufbau wieder rückgängig gemacht werden und die kaputte Haut wurde entfernt. Die Ärzte rieten mir zu einem Expander, der alle 2 Wochen mit  Kochsalzlösung befüllt wurde, um die verbleibende Haut zu dehnen. Nach einem halben Jahr wurde der Expander entfernt und ein Implantat eingesetzt.

In dieser Zeit hat mich mein Partner mehrfach betrogen und mir wurde klar: Wenn ich wieder die Kraft habe, muss ich für mich und meine Tochter an unserer Lebenssituation etwas ändern. Ich muss mich von meinem Partner trennen. Eine neue Herausforderung. Die Angst, alleine alt zu werden, machte mich sehr traurig. Nach einer Mastektomie fühlt man sich nicht mehr weiblich. Die Frage wirft sich auf - welcher Mann möchte so eine Frau?

Im Februar 2016 stand noch einmal eine OP an, die Eierstöcke wurden entfernt. Hierdurch und mit entsprechender Medikamentierung kam ich ohne Vorwarnung in die Wechseljahre.

Heute ist es 3 ½ Jahre her, ich habe 20 kg mehr Gewicht, Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Schmerzen und viele Narben. Meinen Körper habe ich bis zum heutigen Tag noch nicht ganz akzeptiert, bin jedoch auf einem guten Weg. Hin und wieder gehe ich sogar wieder in die Sauna und versuche, über den Blicken der anderen zu stehen. Einer Frau musste ich mal sagen, dass auch sie morgen so aussehen kann.
Man(n) muss mich so nehmen wie ich bin, auch ich muss lernen mich so zu akzeptieren.

Auf meine Frage - warum ich??? - habe ich mir selbst die Antwort gegeben: Es hat so kommen müssen, damit ich an meinem Leben etwas ändere. Für mich ist die Krankheit ein Neuanfang gewesen. Heute lebe ich bewusster und genieße jeden Tag. Es lohnt sich zu kämpfen. Ich darf meine Tochter auf ihrem Weg erwachsen zu werden begleiten und ich habe die beste Familie und tolle Freunde. Alles Schlechte und Böse versuche ich aus meinem Leben zu verbannen ….. somit auch den Krebs - bye bye.

Mein Rat an alle: Egal wie schlecht es einem manchmal geht  - k ä m p f t  - es  lohnt sich immer! Es macht starke Menschen noch stärker!